Neulich saß ich nach meinem Vortrag zu Kundentypen im Kontext der Digitalisierung mit dem Projektentwickler eines großen deutschen Versicherers zusammen. Er sah zwar die Vorteile der Digitalisierung, hatte aber auch Bedenken. „Herr Sridhar, es gibt ja Kunden, die lieben es online zu vergleichen und Verträge abzuschließen. Wir sind gerade dabei drastisch diesen Prozess noch weiter auszubauen. Andererseits haben wir in Befragungen festgestellt, dass es viele Kunden gibt, die sich eine persönliche Beratung wünschen. Die möchten einfach das Gespräch. Wenn wir diese vernachlässigen drohen wir die doch zu verlieren. Die einen wollen online, die anderen eben offline. Sehen Sie das auch so?“

Ich persönlich bin der Überzeugung, dass es Kunden gar nicht in erster Linie darum geht offline oder online zu sein. Sie wachen ja nicht eines morgens auf und haben Sehnsucht nach dem Internet oder nach einem persönlichen Offline-Gespräch. Kunden haben in erster Linie klare emotionale Bedürfnisse und darüber hinaus verdeckte Sehnsüchte und Ängste. Der eine Kunde möchte absolute Transparenz und Vergleichbarkeit, weil es ihm das Gefühl der Kontrolle vermittelt. Genauso gut kann Schnelligkeit eine Rolle spielen. Er ist souverän im Umgang mit dem Internet und will gar nicht beraten werden. Er selbst möchte die Kontrolle über den Prozess. Andere Kunden möchten eher geführt werden. Sie wollen sich nicht selbst schlau machen, sondern schlau machen lassen. Tatsächlich suchen viele Kunden die Bequemlichkeit, aber was verstehen Kunden genau darunter? Für den einen ist es maximale, sofortige Übersichtlichkeit. Für den anderen sind es vorbereitete Entscheidungsgrundlagen gut vorbereitet durch einen persönlichen Ansprechpartner. Kurzum, nur wenn wir die eigentlichen Bedürfnisses der Kunden verstehen, können wir auch einen wirklichen Mehrwert schaffen und Digitalisierung macht Sinn. So überlegte ich laut:

Wenn Sie also der Überzeugung sind, dass Kunden, die eigentlich geführt werden wollen und sich eine persönliche Beratung wünschen, zu kurz kommen, wieso führen Sie dann nicht einfach eine Videoberatung ein? Kunden, die eine unkomplizierte Sofortberatung wünschen können so mit einem Mausklick mit einem persönlichen Berater verbunden werden, den sie auch sehen. Umgekehrt kann der Kunden seinen eigenen Kameramodus ja auslassen, wenn er selbst nicht gesehen werden müssen. Wenn es gut programmiert ist, ist das selbst für Laien nur ein Mausklick. Damit erfüllen Sie zwei Bedürfnisse: Bequemlichkeit und persönliche Beratung. Zusätzlich würden Ihre Makler Sie lieben. Sie sparen damit auch viel Zeit und können schneller zu Abschlüssen kommen.

So macht Digitalisierung natürlich Sinn!“ überlegte der Projektleiter. „So könnte man auch Beratung anbieten und den persönlichen Touch wahren. Und wer dann immer noch eine persönliche Beratung möchte, kann sich einen Termin gleich online reservieren“, überlegte er weiter. Schon war ein Brainstorming-Prozess in Gang gesetzt worden. Im Gegensatz zu dem Projektleiter bin ich nicht der Spezialist im Versicherungsgeschäft wie. Aber genau das ist der entscheidende Punkt. Auf diese Idee kann man ganz einfach kommen, wenn man nicht wie ein Versicherungs- oder Onlinespezialist denkt, sondern sich auf die wahren Kundenbedürfnisse konzentriert. Denn erst kommen die Sehnsüchte und Schmerzpunkte der Kunden, dann die Lösung.

Viele Unternehmen fokussieren sich aber erst auf die Lösung ohne die Kundesichtweise wirklich verinnerlicht zu haben. Insofern, seien Sie mal bei sich selbst Kunde. Sie werden schnell auf innovative Lösungen kommen. Ein kleiner Erfahrungswert: in Workshops mit Unternehmen, wo wir diese Sichtweise implementieren, kommen im Schnitt 12 Ideen raus, von denen 5 erfolgreich umgesetzt werden und sogenannte Game-Changer sind, also einen klaren Mehrwert bringen. Denken Sie also mit dem Blick des Kunden, der Kunde dankt es Ihnen.

Viel Erfolg

Ihr

Kishor Sridhar